Stellungnahme des Moskauer Patriarchats zum Problem des Primats in der Universalkirche
Das hier präsentierte Dokument wurde auf der Sitzung des Geweihten Synods der Russischen Orthodoxen Kirche, die am 25 und 26. Dezember 2013 stattfand, verabschiedet (Journal der Sitzung des Geweihten Synods № 157).
Статья

Die Frage nach dem Primat in der Universalkirche wurde im Laufe der Arbeit der Gemeinsamen Internationalen Kommission für den Theologischen Dialog zwischen der Orthodoxen Kirche und der Römisch-Katholischen Kirche mehrmals erhoben. Am 27. März 2007 beauftragte der Geweihte Synod der Russischen Orthodoxen Kirche den Synodalen Theologischen Ausschuss, dieses Problem zu studieren und die offizielle Stellungnahme des Moskauer Patriarchats dazu vorzubereiten (Journal der Sitzung des Geweihten Synods № 26)- Mittlerweile wurde am 13. Oktober 2007 auf der Sitzung der Gemeinsamen Kommission in Ravenna, in Abwesenheit einer Delegation der Russischen Kirche und ohne Berücksichtigung ihrer Meinung, ein Dokument zum Thema „Kirchliche und kanonische Konsequenzen der sakramentalen Natur der Kirche“ verabschiedet. Nachdem die Russische Orthodoxe Kirche das Ravenna-Dokument studiert hat, war sie mit ihm in dem Teil, in dem es um die Katholizität (Sobornost) und  den Primat auf der Ebene der Universalkirche geht, nicht einverstanden. Da im Ravenna-Dokument zwischen drei Ebenen der kirchlichen Administration unterschieden wird, nämlich der lokalen, der regionalen und der universalen, wird dieses Thema in der folgenden Stellungnahme des Moskauer Patriarchats zum Problem des Primats in der Universalkirche auch auf drei Ebenen betrachtet.

1. In der Heiligen Kirche Christi gehört der Primat in allem ihrem Oberhaupt – unserem Herrn und Heiland Jesus Christus, Gottes- und Menschensohn. Nach den Worten des heiligen Apostels Paulus ist der Herr das Haupt des Leibes, der Kirche, welcher der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, auf dass er in allem den Vorrang habe (Kol 1,18).

Laut der apostolischen Lehre   erweckte der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeitihn aus den Toten auf (und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist (Eph 1,17-23).

Die auf Erde verbleibende Kirche ist nicht nur eine Versammlung der an Christus Glaubenden, sondern auch der gottmenschliche Organismus: Ihr aber seid Christi Leib, und Glieder insonderheit (1 Kor 12,27).

Folglich sind die unterschiedlichen Formen des Primats in der Kirche, die in dieser Welt ihren historischen Weg geht, sekundär im Verhältnis zum ewigen Primat Christi als Oberhaupt der Kirche, durch den Gott der Vater alle Dinge mit sich versöhnt, indem er Frieden gemacht hat (…) durch ihn, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln (Kol 1, 20). Der Kirchenprimat soll vor allem ein Dienst der Versöhnung sein, der die Erschaffung der Einstimmigkeit bezweckt und nach dem Wort des Apostels dazu aufruft, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens (Eph. 4,3).

2. Im Leben der Kirche Christi, die in diesem Zeitalter verbleibt, ist der Primat, zusammen mit der Katholizität, eines ihrer grundlegenden Prinzipien. Auf den verschiedenen Ebenen des kirchlichen Daseins haben die sich historisch gebildeten Formen des Primats jeweils unterschiedliche Naturund unterschiedliche Quellen. Diese Ebenen sind: (1.) Bistum (Diözese), (2.) autokephale Landeskirche und (3.) Universalkirche.

(1.) Auf der Ebene der Diözese gehört der Primat dem Bischof. Der Bischofsprimat in seiner Diözese hat feste theologische und kanonische Ursprünge, die in die Epoche der frühchristlichen Kirche zurückreichen. Nach der Lehre des Apostels Paulus hat der Heilige Geistdie Bischöfe als Aufseher gesetzt, die Kirche Gottes zu hüten, welche er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen (Apg. 20,28). Die Quelle des Primats des Bischofs in seiner Diözese ist die apostolische Sukzession, die über die Cheirotonie vermittelt wird.[1]

Der bischöfliche Dienst ist eine notwendige Grundlage der Kirche: „Ein Bischof [ist] in der Kirche, und die Kirche [ist] im Bischof, und wer nicht mit dem Bischof ist, der ist nicht in der Kirche“ (hl. Märtyrer Bischof Kyprian von Karthago[2]). Der hl. Märtyrer Bischof Ignatius der Gottesträger vergleicht den Primat des Bischofs in seiner Diözese mit der Oberherrschaft Gottes: „Versucht alles in der göttlichen Einstimmigkeit zu tun, da der Bischof anstatt Gottes vorsitzt, Presbyter den Platz des Apostelkonzils nehmen und den Diakonen, die mir am liebsten sind, der Dienst Jesu Christi anvertraut ist, Der vor der Zeiten beim Vater gewesen war und schließlich sichtbar erschienen war“ ( Brief an die Magnesier , 6).

In seinem kirchlichen Lehen verfügt der Bischof über die Fülle der Macht bzw. der Autorität – der sakramentalen, der administrativen und der lehrenden. Der heilige Ignatius der Gottesträger lehrt: „Ohne Bischof sollte niemand etwas tun, was sich auf die Kirche bezieht. Nur solche Eucharistie sollte für wahrhaft gehalten werden, die durch einen Bischof zelebriert wird, oder durch jemanden, dem er selbst dies gewährt (…) Ohne Bischof ist es weder gestattet, zu taufen, noch das Abendmahl der Liebe  zu verrichten; dagegen, was er bewilligt, ist auch Gott zuliebe, damit jedes Werk fest und zweifellos ist“ ( Brief an die Smyrnäer , 7).

Die sakramentale Autorität des Bischofs äußert sich in ihrer größten Fülle in der Eucharistie. Während ihrer Zelebrierung ist der Bischof ein Bild Christi, indem er einerseits die Kirche der Gläubigen dem Antlitz Gottes des Vaters vorstellt, und andererseits den Gläubigen den Segen Gottes spendet und sie mit wahrem spirituellem Speis und  Trank des eucharistischen Mysteriums nährt. Als Oberhaupt seiner Diözese leitet der Bischof den katholischen Gottesdienst, weiht Kleriker und ordiniert sie an Kirchengemeinden, wobei er sie segnet, die Eucharistie und andere Mysterien und sakrale Handlungen zu verrichten.

Die administrative Autorität des Bischofs äußerst sich darin, dass Kleriker, Mönche und Laien seiner Diözese, Gemeinden und Klöster (mit Ausnahme von Patriarchenklöstern) sowie auch verschiedene diözesane Einrichtungen (in den Bereichen Ausbildung, Wohlfahrt usw.) sich ihm unterordnen. Der Bischof richtet über kirchliche Rechtsbrechungen. In den Apostolischen Canones steht geschrieben: „Der Bischof soll Sorge tragen für das ganze Kirchenvermögen und es verwalten" (31. Canon); "Priester und Diakonen sollen ohne Wissen und Willen des Bischofs Nichts thun: denn dieser ist's, welchem das Volk des Herrn anvertraut worden, und von welchem Rechenschaft über ihre Seelen gefordert werden wird" (32. Canon).

(2) Auf der Ebene einer autokephalen Landeskirche gehört der Primat dem Bischof, der als Vorsteher dieser Landeskirche durch das Konzil ihrer Bischöfe gewählt wird[3]. Dementsprechend ist die Quelle des Primats auf der Ebene einer autokephalen Kirche die Wahl des Primas durch ein Konzil (bzw. den Synod), das über die Fülle der kirchlichen Autorität verfügt. Solcher Primat gründet auf festen Canones, die auf die Epoche der Ökumenischen Konzile zurückgehen.

Die Autorität des Vorstehers in einer autokephalen Landeskirche unterscheidet sich von der Autorität eines Bischofs in seinem kirchlichen Lehen – das ist die Autorität des Bischofs, welcher Erster unter Gleichen („primus inter pares“) ist. Er leistet seinen Dienst des Primats entsprechend der gesamtkirchlichen kanonischen Tradition, die im 27. Apostolischen Kanon niedergelegt ist: „Die Bischöfe jeder Provinz sollen wissen, daß einer aus ihnen der Erste (Primas) sein müsse, und sollen ihn als ihr Haupt ansehen und weiter Nichts thun ohne sein Gutachten; nur das allein soll Jeder thun, was auf seine eigene Gemeinde und die ihr untergeordneten Orte Bezug hat. Aber auch Jener (der Metropolit) thue Nichts ohne das Gutachten aller (Suffraganbischöfe); denn so wird Eintracht herrschen und Gott verherrlicht werden durch Christus im hl. Geiste".

Die Befugnisse des Vorstehers einer autokephalen Landeskirche werden durch ein Konzil (bzw. den Synod) bestimmt und in der Satzung befestigt. Der Vorsteher einer autokephalen Landeskirche ist der Vorsitzende ihres Konzils (bzw. Synods). Also beherrscht der Vorsteher keine  autokratische Autorität in der autokephalen Landeskirche, sondern verwaltet sie katholisch, also in Zusammenarbeit mit den anderen Bischöfen[4].

(3) Auf der Ebene der Universalkirche als Gemeinschaft der autokephalen Landeskirchen, die durch das gemeinsame Glaubensbekenntnis in einer Familie vereint sind und sich in sakramentaler Kommunion miteinander finden, wird der Primat entsprechend der Tradition der heiligen Diptycha bestimmt und ist ein Ehrenprimat. Diese Tradition geht auf die Canones der Ökumenischen Konzile (den 3. Canon des 2. Ökumenischen Konzils, den 28. Canon des 4. Ökumenischen Konzils und den 36. Canon des 6. Ökumenischen Konzils) zurück und wird im Laufe der Kirchengeschichte in den Akten der Konzile von einzelnen Landeskirchen sowie auch in der Praxis des liturgischen Gedenkens, dass der Vorsteher jeder Autokephalen Kirche die Vorsteher der anderen Autokephalen Kirchen laut Ordnung der heiligen Diptycha benennt, bestätigt.

Die Ordnung der Diptycha wurde mehrmals geändert. Im Laufe des ersten Jahrtausends der Kirchengeschichte gehörte der Ehrenprimat der Römischen Kathedra[5]. Nach dem Bruch der eucharistischen Gemeinschaft zwischen Rom und Konstantinopel Mitte des 11. Jahrhunderts gebührt der Primat in der Orthodoxen Kirche der Kathedra, die in der Ordnung der Diptycha die Nächste war, also der Kathedra von Konstantinopel. Seitdem gehört der Ehrenprimat in der Orthodoxen Kirche auf universaler Ebene dem Patriarchen von Konstantinopel als Erstem unter den gleichen Vorstehern der Orthodoxen Landeskirche.

Die Quelle des Ehrenprimats auf der Ebene der Universalkirche ist die kanonische Überlieferung der Kirche, die in den heiligen Diptycha fixiert ist und von allen autokephalen Landeskirchen anerkannt wird. Die inhaltliche Ausgestaltung des Ehrenprimats auf der (universalen) Ebene wird nicht durch die Canones der Ökumenischen bzw. Landeskonzile bestimmt. Die kanonischen Vorschriften, worauf die heiligen Diptycha sich stützen, erteilen dem Primas (der zu Zeiten der Ökumenischen Konzile der Bischof von Rom gewesen war) keinerlei Autoritätsbefugnisse im gesamtkirchlichen Maßstab[6].

Die ekklesiologischen Verzerrungen, die dem auf der universalen Ebene primären Hierarchen die Funktion der Verwaltung, die den Primaten der anderen Ebenen der kirchlichen Organisation zu eigen sind, zuschreiben, erhielten in der polemischen Literatur des zweiten Jahrtausends die Bezeichnung „Papismus“.

3. Kraft dessen, dass die Natur des Primats, der auf verschiedenen Ebenen der kirchlichen Organisation (jeweils der Diözese, der Landeskirche, der Universalkirche) existiert, unterschiedlich ist, sind die Funktionen des Primas auf verschiedenen Ebenen weder gleich, noch dürfen sie von einer Ebene auf die andere übertragen werden. 

Die Übertragung der Funktionen des Primatdienstes von der Ebene eines Bistums auf die Universalebene bedeutet eigentlich die Anerkennung einer Sonderart des Dienstes, nämlich der des „Universalbischofs“, der über die lehrende und die administrative Autorität in der ganzen Universalkirche verfüge. Indem solche Anerkennung die sakramentale Gleichheit von Bischöfen abschafft, führt sie zur Entstehung der Jurisdiktion des Obersten Universalhierarchen, die weder in den heiligen Canones noch in der patristischen Überlieferung erwähnt wird und in die Verminderung oder gar die Abschaffung der Autokephalien der Landeskirchen mündet.

Ihrerseits würde die Verbreitung des Primats, der dem Vorsteher einer autokephalen Landeskirche (nach dem 34. Apostolischen Kanon) zu eigen ist, auf die Universalebene[7] dem Universalprimas Sonderbefugnisse verleihen, unabhängig davon, ob die Orthodoxen Landeskirchen damit einverstanden wären oder nicht. Derartige Übertragungen des Verständnisses der Primatsnatur von der regionalen auf  die universale Ebene würde auf der Universalebene auch die entsprechende Übertragung der Prozedur der Wahl des Primas verlangen, was  zur Verletzung des Rechtes der primären autokephalen Landeskirche, ihren Vorsteher selbstständig zu wählen, führen würde.

4. Unser Herr und Heiland Jesus Christus warnte seine Jünger vor der Herrschsucht und Machtverliebtheit (vgl. Mt 20,25-28). Schon immer musste sich die Kirche mit verzerrten Vorstellungen über den Primat auseinandersetzen, die bereits seit Anbeginn ins Kirchenleben eindrangen[8]. In den Konzilbeschlüssen und in den Werken der Heiligen wurden Fälle des Missbrauchs der Macht bzw. der Autorität verurteilt[9].

Römische Bischöfe, die in der Universalkirche den Ehrenprimat haben, waren vom Standpunkt der Ostkirchen immer Patriarchen des Westens, d.h. Vorsteher der Westlichen Landeskirchen. Jedoch begann sich im Westen bereits im ersten Jahrtausend der Kirchengeschichte die Doktrin über die lehrende und administrative Sonderautorität des römischen Bischofs herauszubilden, die angeblich göttlicher Herkunft sei und sich auf die gesamte Universalkirche verbreite.

Die Orthodoxe Kirche hat die Lehre der Römischen Kirche über den Papstprimat und über die göttliche Herkunft der Autorität des ersten Bischofs in der Universalkirche nie akzeptiert. Orthodoxe Theologen bestanden immer darauf, dass die Römische Kirche eine der autokephalen Landeskirchen sei und kein Recht habe, ihre Jurisdiktion auf das Territorium der anderen Landeskirchen zu verbreiten. Sie waren auch der Meinung, dass der Ehrenprimat der römischen Bischöfe vom Menschen, nicht von Gott eingerichtet sei.[10] 

Im Laufe des ganzen zweiten Jahrtausends und bis heute wurde in der Orthodoxen Kirche die administrative Struktur aufrechterhalten, die der Ostkirche des ersten Jahrtausends entstammt. Im Rahmen dieser Struktur ist jede autokephale Landeskirche, während sie sich in dogmatischer, kanonischer und eucharistischer Einheit mit den anderen Landeskirchen befindet, in ihrer Verwaltung selbstständig. In der Orthodoxen Kirchen gab es nie das eine administrative Zentrum auf universeller Ebene und wird es nie geben. 

Im Gegenteil führte im Westen die Entwicklung der Lehre über die Sonderautorität des römischen Bischofs, laut dem die oberste Autorität in der Universalkirche dem Bischof von Rom als Nachfolger des Apostels Petrus und dem Statthalter Christi auf Erden gehört, zur Formung eines anderes administrativen Modells kirchlicher Einrichtung mit einem Universalzentrum in Rom.[11]

Entsprechend diesen zwei verschiedenen Modellen kirchlicher Organisation stellte man sich die Bedingungen der Kanonizität der kirchlichen Gemeinde ebenfalls unterschiedlich vor. In der römisch-katholischen Tradition ist die obligatorische Bedingung der Kanonizität die eucharistische Einheit der jeweiligen Gemeinde mit der Kathedra von Rom. In der orthodoxen Tradition wird eine Gemeinde als kanonisch angesehen, wenn sie Teil einer autokephalen Landeskirche ist und dadurch in eucharistischer Einheit mit anderen kanonischen Landeskirchen verbleibt.

Bekanntlich stießen die Versuche, der Ostkirche das westliche Modell der administrativen Organisation überzustülpen, immer auf den Widerstand des orthodoxen Orients. Dieser Widerstand spiegelt sich in kirchlichen Dokumenten[12] und in der polemischen Literatur wider, die Teil der Überlieferung der Orthodoxen Kirche sind.

5. Der Primat in der Orthodoxen Universalkirche, der seiner eigentlichen Natur nach ein Primat der Ehre und nicht der Macht bzw. Autorität ist, hat große Bedeutung für das orthodoxe Bekenntnis in der modernen Welt.

Die Patriarchenkathedra von Konstantinopel hat den Ehrenprimat aufgrund der heiligen Diptycha inne, die von allen Orthodoxen Landeskirchen anerkannt sind. Was aber die inhaltliche Ausgestaltung dieses Primats betrifft, äußert diese sich unter anderem in den panorthodoxen Tagungen zur Vorbereitung des Heiligen Großkonzils der Orthodoxen Kirche.[13]

Indem der Vorsteher der Kirche von Konstantinopel seinen Primat verwirklicht, kann er mit einer panorthodoxen Initiative auftreten und sich auch im Namen der ganzen orthodoxen Gemeinschaft an die orthodoxe Welt wenden, falls er dazu von allen Orthodoxen Landeskirchen befugt ist.

6. Der Primat in der Kirche Christi ist dazu berufen, der spirituellen Einheit ihrer Mitglieder und der Wohlausstattung ihres Lebens zu dienen, denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens (1 Kor 14,33). Der Dienst des Kirchenprimas, der dem profanen Machtsucht fremd ist, bezweckt die Auferbauung des Leibes Christi (…) auf dass wir (…)  die Wahrheit festhaltend in Liebe (...) in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus, aus welchem der ganze Leib (…) nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe (Eph 4:12-16).

 

Quelle: http://www.patriarchia.ru/db/text/3481089.html



[1] Die Cheirotonie schließt in sich die Wahl, die Weihe und die Rezeption seitens der Kirche mit ein.

[2] Ep. 69.8, PL 4, 406A (в рус. пер. Послание 54)

[3] In der Regel ist der Primas das Oberhaupt der Hauptkathedra (der primären Kathedra) auf dem kanonischen Territorium der entsprechenden Kirche. 

[4] Autokephale Landeskirchen können komplexe kirchliche Strukturen beinhalten. Zum Beispiel existieren in der Russischen Orthodoxen Kirche autonome und selbstverwaltende Kirchen, Metropolitenbezirke, Exarchate und Metropolien. In all diesen Institutionen gibt es eigene Primatformen, die durch das Landeskonzil bestimmt werden und in der kirchlichen Satzung niedergelegt sind.

[5] Über das Ehrenprimat der Römischen Kathedra und die zweite Stelle der Kathedra von Konstantinopel steht im 3 Canon des 2. Ökumenischen Konzils geschrieben: „Der Bischof von Konstantinopel soll den Ehrenprimat nach dem Bischof von Rom haben, da diese Stadt das neue Rom ist“. Im 28. Canon des 4. Ökumenischen Konzils wird dies näher präzisiert, und es wird der kanonische Grund des Ehrenprimats von Rom und Konstantinopel erwähnt: „Der Kathedra des alten Rom verliehen die Väter den Vorrang, da Rom die regierende Stadt war. Derselben Anregung folgend, gewährten auch die hundertfünfzig gottgefälligen Bischöfe den gleichen Vorrang der heiligsten Kathedra des neuen Roms, da sie richtig beschlossen hatten, dass die Stadt, die die Ehre erhalten hatte, die Stadt des Kaisers und des Synkletos zu sein, und den gleichen Vorrang wie das alte regierende Rom hat, auch in kirchlichen Angelegenheiten ähnlich groß gemacht und nach ihr die zweite werden möge.“

[6] Es gibt Canones, die in der polemischen Literatur benutzt werden, um die gerichtlichen Prärogativen der primären Römischen Kathedra kanonisch zu begründen. Das sind der 4. und der 5. Canon des Konzils von Serdica (343). Inzwischen ist in diesen Canones keine Rede mehr davon, dass die Rechte der Römischen Kathedra, gerichtliche Widersprüche einzulegen, sich auf die gesamte Universalkirche ausdehnen. Aus der kanonischen Sammlung ist bekannt, dass diese Rechte sogar im Westen nicht grenzenlos waren. So äußerte bereits das Konzil von Karthago (256) unter der Leitung des hl. Kyprian zur Ansprüche Roms auf den Primat folgende Meinung über die Beziehungen zwischen den Bischöfen: „Keiner von euch darf sich zum Bischof der Bischöfe machen oder seine Kollegen durch tyrannische Androhungen zur Notwendigkeit der Unterordnung zwingen, da jeder Bischof kraft seiner Freiheit und Autorität das Recht auf seine eigene Wahl hat, und ebenso, wie er selbst von einem anderen Bischof nicht beurteilt werden kann, so darf er auch selbst keinen anderen Bischof beurteilen, sondern wir alle mögen das Gericht unseres Herrn Jesu Christi erwarten, Der der Einzige ist, der die Autorität hat, uns zur Verwaltung Seiner Kirche anzustellen und über unsere Handlungen zu urteilen“ (Sententiae episcoporum, PL 3, 1085C; 1053A-1054A). Davon spricht auch das Sendschreiben des Afrikanischen Konzils an den Römischen Papst Coelestin (424), das in alle angesehenen Ausgaben des  Codex canonici miteingearbeitet wird – unter anderem ins Buch der Canones, also die Canones des Konzils von Karthago. In diesem Sendschreiben lehnt das Konzil das Recht des Römischen Papstes ab, gerichtliche Widersprüche gegen Gerichtsverordnungen des Konzils der afrikanischen Bischöfe einzulegen: „Wir bitten Dich, Herr Bruder, dass Du auch in Zukunft vermeidest, denjenigen, die von hier kommen, dein Gehör zu schenken, und auch nicht die von uns Exkommunizierten in die Gemeinschaft aufzunehmen…“. Der 118. Canon des Konzils von Karthago beinhaltet das Verbot, gegen die Kirchen der überseeischen Länder Berufungen einzulegen, worunter auch Rom gezählt wird: „Derjenige, der, nachdem ihm einen Bann für die Kommunion ausgesprochen worden war, in überseeische Länder vorpirscht, um in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden, sollte des Amtes enthoben werden“.

[7] Bekanntlich gibt es keinen Kanon, der eine derartige Praxis zuließe.

[8] Bereits in apostolischen Zeiten hatte der heilige Apostel Johannes der Theologe in seinem Sendschreiben den Diotrephes verurteilt, der gern der erste sein wollte (3 Joh 1,9).

[9] So beschloss das 3. Ökumenische Konzil, indem es das Selbstbestimmungsrecht der Kirche von Zypern verteidigte, im 8. Kanon: „Die obrigkeitlichen Personen der heiligen Kirchen von Zypern sollten die Freiheit haben, ohne dass an sie Ansprüche gestellt werden und ohne dass sie gehemmt werden, nach den Canones der Heiligen Väter und nach dem alten Gebrauch, die Ordination von ehrfürchtigsten Bischöfen selbst zu verrichten. Dasselbe sollte auch in anderen Bezirken und überall in Diözesen eingehalten werden, damit niemand von den gottgefälligsten Bischöfen seine Autorität auf eine andere Diözese verbreite, die vorher und vom Anfang an nicht unter seiner Hand bzw. der Hand seiner Vorgänger gewesen war. Sollte jemand diese aber verbreitet und sich eine Diözese durch Gewalt angeeignet haben, so soll er diese abgeben, damit weder die Canones unserer Väter gebrochen noch sich die Hoffart der säkularen Autorität unter der Tarnung des Sakraments einschleicht, noch wir die Freiheit, die unser Herr Jesus Christus, der Erlöser aller Menschen, uns durch sein Blut  beschert hatte, allmählich und unbemerkt verlieren.

[10] So schrieb im 13. Jahrhundert der hl. Germanos von Konstantinopel: „Es gibt fünf Patriarchate mit jeweils bestimmten Grenzen, wobei in der letzten Zeit zwischen ihnen ein Schisma entstand, von frevler Hand initiiert, welche die Vorherrschaft und die Hoheit in der Kirche suchte. Das Oberhaupt der Kirche ist Christus, und jeder Anspruch auf Oberherrschaft ist seiner Lehre zuwider“ (zit. nach: Соколов И.И. Лекции по истории Греко-Восточной Церкви. — СПб., 2005. С.129).

Im 14. Jahrhundert schrieb Nilus Kabasilas über den Primat des römischen Bischofs wie folgt: „Der Papst hat tatsächlich zwei Privilegien: er ist der Bischof von Rom (…) und er ist der erste (der Ehre nach) unter den Bischöfen. Von Petrus erhielt er die römische Kathedra, den Ehrenprimat aber erst viel später von den seligen Vätern und frommen Kaisern, und zwar nur zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den kirchlichen Angelegenheiten“ (De primatu papae, PG 149, 701 CD).

Seine Heiligkeit Bartholomäus von Konstantinopel verkündet: „Wir Orthodoxen (…) sind alle überzeugt, dass im ersten Jahrtausend der Existenz der Kirche, in den Zeiten der ungeteilten Kirche, der Primat des Bischofs von Rom, des Papstes, anerkannt wurde. Allerdings war dieser Primat nur ehrend, in Liebe, ohne dass er die juristische Oberherrschaft über die gesamte christliche Kirche bedeutete. Mit anderen Worten ist dieser Primat, laut unserer Theologie, menschlich; er wurde errichtet, da es für die Kirchen notwendig war, ein Oberhaupt und ein Koordinationszentrum zu haben“ (aus einem Vortrag vor bulgarischen Medien im November 2007).

[11] Die Unterschiede in der kirchlichen Organisation zwischen der Römisch-Katholischen und der Orthodoxen Kirchen könnten nicht nur auf universeller, sondern auch auf regionaler und diözesaner Ebene.

[12] Im Zirkular von 1848 beurteilen die Patriarchen der Ostkirchen die Tatsache, dass die Römischen Bischöfe den Ehrenprimat in die Herrschaft über die gesamte Universalkirche umwandelten, wie folgt: „Der Primat (…) wird von ihnen von einem brüderlichen Verhältnis und eines hierarchischen Vorteils  in Machthaberei umgewandelt“ (P. 13). Die Würde der Römischen Kirche, so das Zirkular, „besteht weder in der Herrschaft noch in Machthaberei, die nicht einmal Petrus selbst erhalten hatte, sondern in der brüderlichen Rangordnung in der Universalkirche und dem Vorrang, der den Päpsten wegen der Berühmtheit und des Alters ihrer Stadt gewährt wird“ (P. 13).

[13] S. z.B. den Beschluss der 4. Panorthodoxen Tagung (1968), P. 6, 7; Verordnung der Panorthodoxen vorkonziliären Tagungen (1986), Art. 2, 13.

Комментарии ():
Написать комментарий:

Другие публикации на портале:

Еще 9