Das Wunder mit den fünf Broten und den zwei Fischen (Mt.14,14-22)
„Und noch etwas, wozu der Herr seine Jünger aufruft: Gebt alles, was ihr habt und so werden alle satt werden. … Die Jünger habe für sich kein Brot und keinen Fisch extra zurückgelegt: sie haben alles dem Herrn gegeben. Und weil sie Ihm alles gegeben haben, erblühte das Reich der Liebe, das Reich, in dem Gott ohne Hindernisse und Grenzen frei  walten kann. Und so konnten alle satt werden. Auch an uns ist dieser Ruf gerichtet: Lasst uns, wenn wir Menschen in Not sehen, alles geben! Dann wird alles gut werden.“ – aus einer Predigt zum Wunder der Brotvermehrung von Metropolit Antonij von Sourozh
Статья

20.7.1980

Im Evangelium lesen wir das eine und andere Wunder Christi und stellen uns die Frage: Warum waren solche Wunder zu der damaligen Zeit möglich und warum geschehen sie in der heutigen Zeit so selten? Mir scheint es, dass es drei Dinge sind, die eine Antwort darauf geben können.

Erstens sehen wir nicht jene Wunder, die uns umgeben. Für uns ist alles, wie es sein muss, ganz natürlich. Alles Gute aus den Händen Gottes nehmen wir als etwas Selbstverständliches hin. Und so sehen wir nicht mehr, dass das ganze Leben ein herrliches, freudvolles Wunder ist: dass Gott uns erschaffen hat und wollte, dass Er uns aus dem Nichts ins Leben berufen hat und vor uns das ganze Wunder der Existenz ausgebreitet hat. Und damit nicht genug. Er hat uns dazu geschaffen, damit wir für ewig Seine Freude sind, dass wir das Ewige Leben haben und am Ewigen Göttlichen Leben teilhaben. Auch auf der Erde hat Er uns nicht nur eine Existenz und das Leben geschenkt: Er hat sich uns offenbart. Wir wissen, dass es Ihn gibt, wir kennen Ihn in Christus als einen Gott der Liebe, einer solchen Liebe, die auch den eigenen Tod nicht scheut, damit der Geliebte leben und das Heil erlangen kann. Was sollen wir noch sagen von jenen Wundern, die wir noch weniger bemerken, wie unsere Gesundheit, wie den Frieden, wie unsere Freundschaften, wie Liebe? Es ist doch alles ein großes Wunder! Man kann dies alles nicht kaufen. Man kann niemanden dazu zwingen, uns sein Herz zu geben. Dabei öffnen sich so viele Herzen einander! Und wie viel Liebe, wie viele Freundschaften blühen um uns herum? Und ist nicht auch unsere leibliche Existenz, die wir als etwas ganz natürliches ansehen, ein Wunder? Dies ist das erste, worauf ich eure Aufmerksamkeit lenken wollte. Das ganze Leben ist ein Wunder. Ich weiß, wie viel Kummer es gibt und wie viele Grausamkeiten! Ja sehr viele! Doch daneben scheint in dieser Dunkelheit ein solches stilles und beharrliches Licht! Und wir können es sehen, wenn wir nur – wie Christus sagt – an das Licht glauben könnten, damit wir zu Kindern des Lichts, zu Trägern des Lichts werden können! …

Noch zwei Dinge möchte ich euch sagen: Heute habe wir gelesen, wie Menschen in Not waren. Diese Notlage haben die Apostel erkannt und haben den Herrn darauf angesprochen. Der Herr entgegnete ihnen: Ihr müsst versuchen, diese Not zu lindern und den hungrigen Menschen etwas zu Essen zu geben! Wie? – antworteten sie. Wie haben nur zwei Fische und fünf Brote. Können wir damit eine ganze große Schar von Menschen satt machen? … Und Christus segnete die Brote und den Fisch und es reichte für alle. Das ist es, was auch von uns erwartet wird, damit Gott in Freiheit und mit seiner herrlichen Kraft auf der Erde himmlische Wunder vollbringen kann: Dass wir die Not anderer bemerken. Wie oft gehen wir an ihr vorüber und öffnen so Gott keine Tür, damit Er eingreifen kann in dieses Leben und tun, was für uns unmöglich ist. Lasst uns deshalb die Augen offen halten, damit wir die Nöte anderer Menschen um uns herum erkennen: seien es materielle Nöte oder seelische und geistige, seien es Verbitterung und Einsamkeit. Es gibt so viele Menschen in Not unter uns.

Und noch etwas, wozu der Herr seine Jünger aufruft: Gebt alles, was ihr habt und so werden alle satt werden. … Die Jünger habe für sich kein Brot und keinen Fisch extra zurückgelegt: sie haben alles dem Herrn gegeben. Und weil sie Ihm alles gegeben haben, erblühte das Reich der Liebe, das Reich, in dem Gott ohne Hindernisse und Grenzen frei  walten kann. Und so konnten alle satt werden. Auch an uns ist dieser Ruf gerichtet: Lasst uns, wenn wir Menschen in Not sehen, alles geben! Dann wird alles gut werden. …

Und noch ein letztes, was das Evangelium des letzten Sonntags betrifft: Der Herr hat, weil Er den Glauben der um Ihn Versammelten sah, einen Kranken geheilt. Wir können Gott jenen Glauben bringen, der den Menschen um uns herum fehlt, wir können sie auf unseren Glauben hin wie auf einer Trage zu Gott bringen. Doch Glaube allein reicht nicht. Die Heilung des Gelähmten geschah nicht nur dank des Glaubens. Es war Liebe, die sich Sorgen gemacht hat um den Freund. Wenn es um uns herum, wenn es zwischen uns eine solche Liebe geben würde, dann würde das Gottesreich unter uns im Keim schon gedeihen und Gott könnte frei walten.

Lasst uns darüber nachdenken, denn jedem Wunder durch Gott ging das Tun eines Menschen voran. Von uns hängt es ab, ob das Gottesreich hier auf der Erde Wirklichkeit werden kann oder nicht, das Reich, das wir erbitten, von dem wir träumen, welches wir mit Gott zusammen und im Namen Gottes zu errichten berufen sind.

Amen

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