Wir haben im heutigen Evangelium folgendes gehört: Ein Mensch war reich und in jenem Jahr hatte Gott ihn besonders gesegnet. Seine Felder hatten ihm eine gute Ernte eingebracht. Als er all seinen Reichtum betrachtete, dachte er bei sich: Ich habe nicht genügend Platz, um alles einzulagern. Lass mich deshalb meine Scheune abreissen und meinen Besitz in eine neue und größere bringen, so kann ich dann in aller Ruhe leben, denn das, was ich nun habe, reicht aus bis ans Ende meiner Tage. Ich kann essen, trinken und fröhlich sein. Doch in sich hörte er die Stimme Gottes: Was für ein törrichter Mensch du bist! Begreifst du denn nicht, dass noch in der selben Nacht, in der du dich in voller Zufriedenheit zu Ruhe legst und einem neuen, stillen, reichen und sorglosen Tag entgegensiehst, Ich von dir dein Leben einfordern kann? Vielleicht kommt der Tod in einer stillen Stunde, vielleicht aber auch in einer Stunde des Erschreckens, wenn es heisst, sich verantworten zu müssen! Denn das Leben gehört nicht dir, du kannst es in einem einzigen Augenblick verlieren. Und was dann? Was ist mit all dem, was Gott dir gegeben hat und du durch deiner Hände Arbeit zusammengetragen hast? Für wen wird dies dann sein?
Es scheint, die Antwort ist ganz einfach: für die Frau, die Kinder, die Verwandten und die Freunde. Doch darum geht es nicht. Ja, alles bleibt und fällt anderen zu, die dafür nicht gearbeitet haben und denen es vielleicht aus den Händen fallen wird, weil sie das Arbeiten nicht gewöhnt sind. Doch was wird dir dann bleiben?
Was für eine Antwort können wir darauf geben? Christus sagt: So geschieht es mit jedem, der allein für sich reich wird, nicht aber durch Gott ... So ist es in der Tat mit jedem von uns: Alles, was wir haben, das Leben selbst, Gesundheit, Jugend, ein würdiges Alter, starke mittlerer Jahre, unsere Arbeit, eine Berufung vielleicht, unseren Verstand und unsere Feinfühligkeit, all das kann in einem einzigen Augenblick von uns genommen werden. Und was ist dann? Womit gehen wir dann in die Ewigkeit ein?
In die Ewigkeit kann man nur gelangen mit Früchten der Liebe. Wenn ein Mensch einen sehr guten Verstand hat oder ein reiches Herz, materielle Güter besitzt und all seine Intelligenz, sein ganzes Herz, all die Kraft seines Körpers und seiner Seele dazu verwendet, um den einen Licht zu schenken, andere zu trösten und dritte zu ernähren oder um in der Seele jedes einzelnen wenigstens einen Funken Freude zu entzünden oder ein wenig Hoffnung, Dankbarkeit, Liebe oder Wärme zu geben, dann wird er eine reiche Ernte - wenn er sterben wird - in die Ewigkeit mitnehmen. Es ist kein Korn, welches man in einer Scheune lagern und vor allen verschliessen kann, sondern eine Ernte, die auch ihre Früchte in der Ewigkeit trägt. Und was für eine reiche Frucht! Wie viele Erzählungen kennen wir aus den Heiligenviten, in denen ein Mensch für ein einziges gutes Wort - ein einziges! - Vergebung gefunden hat für alles andere.
Auch wir leben, wie jener reiche Kornbauer. Es gelingt uns, einen gewissen Reichtum anzuschaffen. Doch werden wir dabei auch gleichzeitig immer reicher für die Ewigkeit? Wie viele Male ist es uns in unserem Leben - welches oft schon so viele Jahre zählt - gelungen, anderen Herzen Freude zu schenken, Licht, Dankbarkeit und Hoffnung, all das, was wir in die Ewigkeit mit uns nehmen können? Wieviel Frucht bringen wir von dem, was uns von Gott selbst und anderen Menschen geschenkt wurde?
Denn auch andere Menschen waren zärtlich zu uns und aufmerksam. Viele haben uns Gutes getan. Was ist von ihrer Güte, von ihrer Zärtlichkeit, von ihrem Mitgefühl und der Barmherzigkeit in unserer Seele geblieben? Wenigstens etwas, was wir in die Ewigkeit mitnehmen können? Sind wir wie ein reiches Feld und bringen wir denen, die uns Gutes getan haben, Dankbarkeit entgegen und erwiedern deren Liebe? Sind wir bereit, alles zu tun, um ihnen zu zeigen, dass sie uns nicht umsonst ihre Liebe geschenkt haben? Tun wir das gleiche in Bezug zu Gott oder sind all die Gaben – die der menschlichen und der Göttliche Liebe - eigentlich umsonst gewesen? Wir horten die Gaben und stapeln und stapeln sie übereinander und nutzen sie hinter verschlossenen Türen. Dabei haben für die anderen nichts übrig: kein einziges Wort und keinen Blick. Wir sind nicht bereit, einmal mit anzufassen, ja wir haben oft nicht einmal einen Funken Dankbarkeit im Herzen oder ein bißchen Zärtlichkeit.
Lasst uns darüber nachdenken. Denn wir könnten unser gesamtes Leben umsonst gelebt haben, wenn wir immer reicher werden und von Gott und von anderen Menschen viel bekommen, all dies jedoch in in immer neue und größere Scheunen verschliessen. Wir können aber auch so leben, dass all dies auch Frucht bringt, Frucht in Form von Liebe für einen anderen Menschen oder sei es auch nur in Form unserer Dankbarkeit. Wenn der Herr kommen wird und sagen: Du wirst nun von den irdischen Ketten befreit und in die Freiheit entlassen, aus der Zeit in die Ewigkeit, aus der Begrenztheit des Lebens in dessen Fülle, womit werden wir dann dorthin gehen? Wir nehmen all das mit uns, was wir hier getan haben und all unsere Gebete. Vor uns voranschreiten wird jedoch die Liebe, die wir auf der Erde geboren haben. Möge dies mit jedem von uns so geschehen!
Amen