Über den Heiligen Geist - Sonntag vor Pfingsten
„Deshalb werden wir dafür, wenn wir etwas nicht verstehen und es sogar ablehnen, auch nicht bestraft, solange wir noch nicht bis zu jenem Punkt gelangt sind, an dem wir es dann begriffen haben werden. Wenn wir jedoch durchdrungen sind von der Wärme, wenn wir in unserem Innern die Wahrheit erkannt haben, diese dann aber verneinen, dann kann uns nichts mehr retten, weil wir dann unsere eigene Erfahrung, unser eigenes Wissen von Gott, von der Schöpfung, über das Leben und über uns verneinen." - aus einer Predigt zum Thema Heiliger Geist von Metropolit Antonij von Sourozh
Статья

11. Juni 2000

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

In einer Woche werden wir im Gebet vor dem Herrn auf die Knie gehen und Ihn bitten, dass der Heilige Geist auf uns so herabkommen möge, wie es mit den heiligen Aposteln geschehen ist. Wenn wir nun dem Pfingstfest entgegengehen, möchte ich, dass wir ein wenig darüber nachdenken, wer der Heilige Geist ist und wie Er wirkt.

Die Welt wurde durch das Wort Gottes geschaffen. Am Anfang war das Wort, der Gedanke Gottes, Ausdruck Seiner Liebe, die sich als Wort formulierte und alles, was existiert, ins Dasein berief und alles so,  wie es die Liebe tut, herausrief: Kommt zu mir - ich liebe euch! Begegnet Meiner Liebe mit der euren ... Und über die gesamte Schöpfung - so sagt es die Heilige Schrift - ergoss sich der Atem des Heiligen Geistes. Dieser Atem erfüllte alles, was geschaffen war, mit Leben, half allem mit eigener schöpferischer Kraft zu wachsen, sich wie eine Blüte zu entfalten und - soweit es möglich war - immer weiter seiner Vollendung entgegenzugehen. Der Heilige Geist wirkte in der gesamten Welt, in allem, was geschaffen war, in allen Menschen, die geschaffen und geboren wurden. Das ist so wunderbar, das ist so ein Glück!

Doch es kam die Zeit, in der sich der Heilige Geist noch mehr und noch tiefer offenbarte. Der Heiland hat zu uns gesagt: Der Geist weht, wo Er will, und ihr wisst nicht, woher Er kommt und wohin es Ihn zieht. So tut der Heilige Geist überall in der Welt Sein Werk, Er belebt die gesamte Welt und ermöglicht es jedem zu seiner Zeit, die Fülle eines Lebens mit Gott in Christo zu erfahren.

Es gibt jedoch ein Wort im Evangelium, das wir uns merken sollten, welches uns darauf hinweist, wie bedeutend das Wirken des Heiligen Geistes ist und wie wir dazu stehen sollten. Christus hat gesagt, dass jegliches üble Wort gegen den Gottessohn vergeben werden kann, die Schmähung des Heiligen Geistes jedoch wird nicht. Wie ist dies zu verstehen?

Dies kann man nur verstehen, wenn man sich die Bilder vergegenwärtigt, die uns die Kirchenväter gegeben haben, damit auch wir das Mysterium des Dreieinigen Gottes und Seines Wirkens in der Schöpfung verstehen. Sie verstanden den Vater als eine unerfassbare Tiefe Göttlicher Ideen, unerfassbar für uns im eben diesem Sinne des Wortes, welche jedoch im Wort ihren Ausdruck finden, im Logos, der Mensch geworden war, im Wort, welches in Christus zu uns gelangt ist. Christus jedoch sprach davon, dass die Menschen nicht immer verstehen können, was Er sagt, die Menschen können nicht immer auf Ihn schauen und so erfahren, wer Er ist. Dies jedoch wird ihnen nicht als Sünde angerechnet, weil sie erst noch wachsen müssen bis hin zu einem bestimmten Punkt, an dem dann auch sie beginnen werden all das zu verstehen, was ihnen heute noch verschlossen bleibt.

Über Christus und den Heiligen Geist sprachen die Heiligen Väter folgendermaßen: Christus gleicht dem Licht, das alles erleuchtet. Das Licht selbst sehen wir nicht, doch dank des Liches sehen wir alles, was uns umgibt. Wir sehen alles nur in dem Maße, wie es uns möglich ist. Wir können auf Dinge schauen, die das Licht uns beleuchtet und gleichzeitig es nicht begreifen, weil wir noch nicht reif dazu sind. Dies ist nicht schlimm, denn die einzigste Antwort darauf ist ein erneuter Aufruf, noch weiter zu fortzuschreiten. Wachst und ergründet in euch neue Tiefen, macht euer Herz weit und öffnet euer Denken. Dann werdet auch ihr verstehen.

Den Heiligen Geist vergleichen die Heiligen Väter mit dem Feuer, mit der Wärme - mit einer Flamme, die alles mit göttlichem Leben entzünden kann und Der wie Wärme alles durchdringen kann bis in die tiefsten Abgründe unseres Lebens. Wenn man über diese Bilder nachdenkt, dann werdet ihr verstehen, warum man sagen kann, dass man nicht alles, was im Lichte vor uns ist, auch begreifen kann. Deshalb werden wir dafür, wenn wir etwas nicht verstehen und es sogar ablehnen, auch nicht bestraft, solange wir noch nicht bis zu jenem Punkt gelangt sind, an dem wir es dann begriffen haben werden. Wenn wir jedoch durchdrungen sind von der Wärme, wenn wir in unserem Innern die Wahrheit erkannt haben und diese dann aber verneinen, dann kann uns nichts mehr retten, weil wir dann unsere eigene Erfahrung, unser eigenes Wissen von Gott, von der Schöpfung, über das Leben und über uns verneinen.

Genau hier müssen wir genau nachdenken. Wir werden darum beten, dass die Gnade des Heiligen Geistes in uns erneuert werden möge. Der Heilige Geist wurde uns im Mysterium der Myronsalbung geschenkt. Doch wir selbst wissen am besten, wie gut oder schlecht es uns gelingt die Gnade zu bewahren und wie leicht wir sie ebenso verlieren. Deshalb beten wir jedes Jahr: Herr erneuere in uns diese Gnade. Vermehre sie. Lass dieses Feuer, mit welchem Du uns am Anfang erfüllt hast, wieder neu entfacht werden ... Deshalb sollten wir, die wir uns auf den Empfang des Heiligen Geistes, auf das Pfingstfest und auf den Tag des Heiligen Geistes am Pfingstmontag vorbereiten, darüber nachdenken, wie wir mit den Gaben des Heiligen Geistes umgegangen sind, die uns am Anfang geschenkt worden sind, was wir geringgeachtet haben, was wir wirklich in uns aufgenommen haben? Was haben wir begriffen und in welchem Maße sind wir dem Heiligen Geist ergeben, Der in uns lebt und wirkt? Wie oft entgegnen wir Seinem Wirken: „Sei still, ich möchte Dich nicht hören"? Lasst uns darüber klar werden, wie ernst wir es nehmen Gott zu begreifen, uns zu begreifen, unsere Mitmenschen zu begreifen wollen, ja die gesamte Schöpfung verstehen zu lernen. Wie gehen wir dann mit dieser Erkenntnis um, die uns der Heilige Geist aufleuchten lässt? Lasst uns deshalb in dem Maße, in dem wir Ihn mißachten, Buße tun und in dem, in dem wir uns immer noch verschliessen, uns dem Wirken des Heiligen Geistes öffnen. Dann wird Er auch auf uns herabkommen und uns erleuchten, heiligen und erneuern uns uns einen neuen Anfang eines neuen Lebens schenken.

Amen              

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