Zachäus - der Zöllner (Lk. 19,1-10)
„Und Dieser sieht Zachäus,
wie es im Evangelium heisst, beim Vorübergehen. Sah Er etwa die anderen Leute
nicht? Natürlich hat Er sie gesehen. Doch in diesem Moment schaute Christus in
die Tiefen dieses einen Menschen und erkannte, dass er nicht zu unrecht diesen
heiligen Namen, der Gerechtigkeit bedeutet und auf Rechtschaffenheit hinweist,
trägt. Und so rief Christus Zachäus zu Sich, denn Er glaubte an das Kostbarste
und Heiligste, das in diesem Menschen irgendwo verborgen lag, vergraben durch
dessen gesamtes Leben, verdunkelt durch alles, was er getan hatte und tat." -
aus einer Predigt zur Perikopes des Zachäus von Metropolit Antonij von Sourozh
Статья
23. Januar 1977
Wir sind nun schon in der zweiten Woche, die uns auf die Fastenzeit vorbereiten soll. Wir gedenken heute des Zöllners Zachäus. Der Name Zachäus bedeuet eigentlich „Rechtschaffenheit" oder „Gerechtigkeit". Dieser Name will also so gar nicht zu dem Lebenswandel des Zöllners passen. Mit welch ironischem Hohn werden die Leute Zachäus´Namen wohl ausgesprochen haben, weil er doch gar nicht so lebte, wie er hiess. Er erniedrigte die Leute, bestahl sie, brachte sie um ihr Hab und Gut und hatte so viele an den Rand ihrer Existenz gebracht. Mit sogar großer Wahrscheinlichkeit sprachen sie seinen Namen voller Spott aus, denn er war für sie eine einzige Beleidigung. Wie kann ein solcher Mensch so heissen? Wie kann sein Name für so große und heilige Dinge stehen wie Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit, wenn doch sein Leben dies alles nur verhöhnt, wenn sein ganzes Leben ein einziger Dienst am Mammon und an der Lüge ist?
Und doch, es ergab sich, dass dieser Mensch, dessen Leben so widerwärtig war und in einem solch krassen Gegensatz stand zu seinem Namen, der ja immer auch Ausdruck ist für die tiefere, inner Bestimmung eines Menschen, dass dieser Mensch nun plötzlich auf Christus, den Heiland traf. Er wollte Ihn unbedingt sehen. Spott und Hohn seiner Mitbürger waren ihm in dieser Situation ganz egal. Dieser Mensch, er war wahrscheinlich schon ein etwas älterer, reich und gut situiert, kletterte, weil er klein von Wuchs war, auf einen Baum, um über die Köpfe der anderen hinweg einen Blick auf den Heiland werfen zu können. Und Dieser sieht Zachäus, wie es im Evangelium heisst, beim Vorübergehen. Sah Er etwa die anderen Leute nicht? Natürlich hat Er sie gesehen. Doch in diesem Moment schaute Christus in die Tiefen dieses einen Menschen und erkannte, dass er nicht zu unrecht diesen heiligen Namen, der Gerechtigkeit bedeutet und auf Rechtschaffenheit hinweist, trägt. Und so rief Christus Zachäus zu Sich, denn Er glaubte an das Kostbarste und Heiligste, das in diesem Menschen irgendwo verborgen lag, vergraben durch dessen gesamtes Leben, verdunkelt durch alles, was er getan hatte und tat. Christus kehrte in sein Haus ein und als Zachäus Seinen Heiland in aller Ruhe betrachten konnte, erblickte er in Ihm die Fülle menschlicher Herrlichkeit, unendliche Stärke und unendliche Barmherzigkeit, er sah in Ihm die Liebe, die bis zum Kreuz reicht, er erblickte Mitgefühl und Mitleid und gleichzeitig aber auch unerschütterliche Rechtschaffenheit und Wahrheit. Und in Zachäus kehrte sich alles um. All die Jahre seines unwürdigen Lebens verflogen plötzlich zu Staub und vor Christus blieb allein der wahre, wirkliche Mensch, der Reue empfinden kann, der fähig ist zu sagen, dass er jedem Menschen, den er betrogen hatte, das vierfache zurückgeben wird, was es auch gewesen sein mag. Die Menschen sollten nur kommen und von ihm das Ihre zurückfordern. Ebenso war er gewillt alle diejenigen, die er beleidigt hatte oder verleumdet, wieder völlig zu rehabilitieren.
Zachäus glaubte an Christus, er glaubte auch an sich, er glaubte an die menschliche Größe, an die Heiligkeit und an all das Wundervolle, wozu der Mensch berufen ist. Er fühlte, dass sein Leben, all die vielen Jahre, die er verbracht hatte, eines Menschen unwürdig waren. Er wollte nun aber, wie es in der heutigen Apostellesung heisst, heranwachsen zur vollen Größe eines Christenmenschen und wirklich Mensch sein. Und sein Glauben machte ihn wirklich zu einem würdigen Sohn Abrahams.
Was aber hindert uns einen solchen Weg, ebenso wie er, zu gehen? Am letzten Sonntag hörten wir von Bartimäus dem Blinden, der wegen seinem fehlenden Augenlicht weder die Sonne noch das lichte Strahlen der Erde, weder den vorübergehenden Christus noch seine Mitmenschen, weder sich noch den Weg, der vor ihm lag, sehen konnte. Christus öffnete ihm für all dies die Augen. Zachäus gibt uns ein Beispiel dafür, wie ein Mensch sich von all dem Bösen, das uns auf dem Weg zum Leben zurückhält, loslösen kann. Ja, auch wir können die Welt nicht sehen, wie sie von den Strahlen der Gnade Christi umhüllt ist und wie Er als ihr Herr ihre Geschicke lenkt. Wir sehen weder unseren Nächsten noch unseren eigenen Weg. Wir sind jedoch noch zusätzlich geblendet durch andere Dinge, wie zum Beispiel durch den Wunsch zu gefallen und durch die Angst vor dem Urteil der Menschen. Wir können teilweise sehen, wir sind nicht ganz blind. Gott jedoch sehen wir nicht, wir nehmen nur all die spottenden Gesichter der Menschen um uns herum wahr, die uns erschrecken mit ihren verurteilenden Blicken. Selbst wenn sie versuchen, Mitleid und Schmerz für uns auszudrücken, so sehen wir doch dahinter nur Hohn über uns, weil wir in ihren Augen so niedrig gesunken und unserer selbst so unwürdig geworden sind. Ein Mensch, der Gott nicht füchtet, vor den Menschen jedoch zittert und kriecht, ist ein Heuchler. So sagt es Johannes Klimakos. Sind wir etwa nicht alle solche Heuchler? Wer von uns traut sich denn, sich so wie Zachäus dem Spott der Leute auszusetzen, um seinem Christus ins Angesicht zu schauen? Macht uns dies alles etwa nichts aus? Wie selten finden wir genügend Mut in uns, um direkten Spott und Beschimpfungen zu ertragen.
Zachäus hat all dies nicht gefürchtet. Er ruft uns vielmehr zu: Fürchte dich nicht vor dem Urteil der Menschen, fürchte nicht den Spott der Leute. Fürche dich nicht! Lass dich nicht blenden von den vielen Gesichtern der Leute. Schau auf das einzige, wahre, menschliche Antliz, auf das Antliz Christi, deines Gottes, deines Bruder nach unserer gemeinsamen menschlichen Natur, deines Heilandes! Vergiss alles andere, schau in Ihn hinein und öffne Ihm Tür und Tor zu deinem Leben, zu deinem Herz, zu deinem Verstand. Öffne dich für Ihn ganz. Öffne dein Haus, dein Herz, deinen Verstand, auch wenn es dich etwas kosten wird. Zachäus verlor nicht nur seine Angst vor den Leuten, er versprach, sein Leben wieder auf die rechten Bahnen zu lenken, was er auch wirklich tat. Und dies ist für uns das zweite, was es zu lernen gilt. Wenn auch wir zu Söhnen und Töchtern Abrahams werden wollen, d.h. zu Kindern des Glaubens, dann sollten auch wir bereit sein, auch unser Leben für einen hohen Preis neu auszurichten, wie es Zachäus tat.
Lasst uns in die Gestalt des Zachäus hineindenken, wie wir uns am letzten Sonntag in die Gestalt des blinden Bartimäus hineinversenkt haben. Lasst es uns diese Woche mit neuem Mut und voller Freude versuchen, unsere Augen zu öffnen, unsere Blindheit zu überwinden, um das einzig wirklich Notwendige zu erblicken und um so wirklich frei zu werden. Lasst uns nicht mehr Sklaven unserer Blindheit sein und unserer Ängste! Lasst uns aufhören, Sklaven anderer Menschen zu sein, die uns zu Gefangenen machen wollen. Lasst uns unabhängig sein von unserem Hab und Gut, von all dem, was wir einst erworben haben. Denn nur scheinbar sind wir der Herr über diese Dinge, in Wirklichkeit jedoch beherrschen sie uns. Lasst uns frei werden und so Schritt für Schritt weiter in die Tiefen des Gottesreiches eindringen, in die Freude an der Fülle des Lebens und an der wunderbaren Größe eines wahrhaften Christenmenschen.
Amen
Wir sind nun schon in der zweiten Woche, die uns auf die Fastenzeit vorbereiten soll. Wir gedenken heute des Zöllners Zachäus. Der Name Zachäus bedeuet eigentlich „Rechtschaffenheit" oder „Gerechtigkeit". Dieser Name will also so gar nicht zu dem Lebenswandel des Zöllners passen. Mit welch ironischem Hohn werden die Leute Zachäus´Namen wohl ausgesprochen haben, weil er doch gar nicht so lebte, wie er hiess. Er erniedrigte die Leute, bestahl sie, brachte sie um ihr Hab und Gut und hatte so viele an den Rand ihrer Existenz gebracht. Mit sogar großer Wahrscheinlichkeit sprachen sie seinen Namen voller Spott aus, denn er war für sie eine einzige Beleidigung. Wie kann ein solcher Mensch so heissen? Wie kann sein Name für so große und heilige Dinge stehen wie Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit, wenn doch sein Leben dies alles nur verhöhnt, wenn sein ganzes Leben ein einziger Dienst am Mammon und an der Lüge ist?
Und doch, es ergab sich, dass dieser Mensch, dessen Leben so widerwärtig war und in einem solch krassen Gegensatz stand zu seinem Namen, der ja immer auch Ausdruck ist für die tiefere, inner Bestimmung eines Menschen, dass dieser Mensch nun plötzlich auf Christus, den Heiland traf. Er wollte Ihn unbedingt sehen. Spott und Hohn seiner Mitbürger waren ihm in dieser Situation ganz egal. Dieser Mensch, er war wahrscheinlich schon ein etwas älterer, reich und gut situiert, kletterte, weil er klein von Wuchs war, auf einen Baum, um über die Köpfe der anderen hinweg einen Blick auf den Heiland werfen zu können. Und Dieser sieht Zachäus, wie es im Evangelium heisst, beim Vorübergehen. Sah Er etwa die anderen Leute nicht? Natürlich hat Er sie gesehen. Doch in diesem Moment schaute Christus in die Tiefen dieses einen Menschen und erkannte, dass er nicht zu unrecht diesen heiligen Namen, der Gerechtigkeit bedeutet und auf Rechtschaffenheit hinweist, trägt. Und so rief Christus Zachäus zu Sich, denn Er glaubte an das Kostbarste und Heiligste, das in diesem Menschen irgendwo verborgen lag, vergraben durch dessen gesamtes Leben, verdunkelt durch alles, was er getan hatte und tat. Christus kehrte in sein Haus ein und als Zachäus Seinen Heiland in aller Ruhe betrachten konnte, erblickte er in Ihm die Fülle menschlicher Herrlichkeit, unendliche Stärke und unendliche Barmherzigkeit, er sah in Ihm die Liebe, die bis zum Kreuz reicht, er erblickte Mitgefühl und Mitleid und gleichzeitig aber auch unerschütterliche Rechtschaffenheit und Wahrheit. Und in Zachäus kehrte sich alles um. All die Jahre seines unwürdigen Lebens verflogen plötzlich zu Staub und vor Christus blieb allein der wahre, wirkliche Mensch, der Reue empfinden kann, der fähig ist zu sagen, dass er jedem Menschen, den er betrogen hatte, das vierfache zurückgeben wird, was es auch gewesen sein mag. Die Menschen sollten nur kommen und von ihm das Ihre zurückfordern. Ebenso war er gewillt alle diejenigen, die er beleidigt hatte oder verleumdet, wieder völlig zu rehabilitieren.
Zachäus glaubte an Christus, er glaubte auch an sich, er glaubte an die menschliche Größe, an die Heiligkeit und an all das Wundervolle, wozu der Mensch berufen ist. Er fühlte, dass sein Leben, all die vielen Jahre, die er verbracht hatte, eines Menschen unwürdig waren. Er wollte nun aber, wie es in der heutigen Apostellesung heisst, heranwachsen zur vollen Größe eines Christenmenschen und wirklich Mensch sein. Und sein Glauben machte ihn wirklich zu einem würdigen Sohn Abrahams.
Was aber hindert uns einen solchen Weg, ebenso wie er, zu gehen? Am letzten Sonntag hörten wir von Bartimäus dem Blinden, der wegen seinem fehlenden Augenlicht weder die Sonne noch das lichte Strahlen der Erde, weder den vorübergehenden Christus noch seine Mitmenschen, weder sich noch den Weg, der vor ihm lag, sehen konnte. Christus öffnete ihm für all dies die Augen. Zachäus gibt uns ein Beispiel dafür, wie ein Mensch sich von all dem Bösen, das uns auf dem Weg zum Leben zurückhält, loslösen kann. Ja, auch wir können die Welt nicht sehen, wie sie von den Strahlen der Gnade Christi umhüllt ist und wie Er als ihr Herr ihre Geschicke lenkt. Wir sehen weder unseren Nächsten noch unseren eigenen Weg. Wir sind jedoch noch zusätzlich geblendet durch andere Dinge, wie zum Beispiel durch den Wunsch zu gefallen und durch die Angst vor dem Urteil der Menschen. Wir können teilweise sehen, wir sind nicht ganz blind. Gott jedoch sehen wir nicht, wir nehmen nur all die spottenden Gesichter der Menschen um uns herum wahr, die uns erschrecken mit ihren verurteilenden Blicken. Selbst wenn sie versuchen, Mitleid und Schmerz für uns auszudrücken, so sehen wir doch dahinter nur Hohn über uns, weil wir in ihren Augen so niedrig gesunken und unserer selbst so unwürdig geworden sind. Ein Mensch, der Gott nicht füchtet, vor den Menschen jedoch zittert und kriecht, ist ein Heuchler. So sagt es Johannes Klimakos. Sind wir etwa nicht alle solche Heuchler? Wer von uns traut sich denn, sich so wie Zachäus dem Spott der Leute auszusetzen, um seinem Christus ins Angesicht zu schauen? Macht uns dies alles etwa nichts aus? Wie selten finden wir genügend Mut in uns, um direkten Spott und Beschimpfungen zu ertragen.
Zachäus hat all dies nicht gefürchtet. Er ruft uns vielmehr zu: Fürchte dich nicht vor dem Urteil der Menschen, fürchte nicht den Spott der Leute. Fürche dich nicht! Lass dich nicht blenden von den vielen Gesichtern der Leute. Schau auf das einzige, wahre, menschliche Antliz, auf das Antliz Christi, deines Gottes, deines Bruder nach unserer gemeinsamen menschlichen Natur, deines Heilandes! Vergiss alles andere, schau in Ihn hinein und öffne Ihm Tür und Tor zu deinem Leben, zu deinem Herz, zu deinem Verstand. Öffne dich für Ihn ganz. Öffne dein Haus, dein Herz, deinen Verstand, auch wenn es dich etwas kosten wird. Zachäus verlor nicht nur seine Angst vor den Leuten, er versprach, sein Leben wieder auf die rechten Bahnen zu lenken, was er auch wirklich tat. Und dies ist für uns das zweite, was es zu lernen gilt. Wenn auch wir zu Söhnen und Töchtern Abrahams werden wollen, d.h. zu Kindern des Glaubens, dann sollten auch wir bereit sein, auch unser Leben für einen hohen Preis neu auszurichten, wie es Zachäus tat.
Lasst uns in die Gestalt des Zachäus hineindenken, wie wir uns am letzten Sonntag in die Gestalt des blinden Bartimäus hineinversenkt haben. Lasst es uns diese Woche mit neuem Mut und voller Freude versuchen, unsere Augen zu öffnen, unsere Blindheit zu überwinden, um das einzig wirklich Notwendige zu erblicken und um so wirklich frei zu werden. Lasst uns nicht mehr Sklaven unserer Blindheit sein und unserer Ängste! Lasst uns aufhören, Sklaven anderer Menschen zu sein, die uns zu Gefangenen machen wollen. Lasst uns unabhängig sein von unserem Hab und Gut, von all dem, was wir einst erworben haben. Denn nur scheinbar sind wir der Herr über diese Dinge, in Wirklichkeit jedoch beherrschen sie uns. Lasst uns frei werden und so Schritt für Schritt weiter in die Tiefen des Gottesreiches eindringen, in die Freude an der Fülle des Lebens und an der wunderbaren Größe eines wahrhaften Christenmenschen.
Amen
Комментарии ():
Написать комментарий: