Die Orthodoxe Einstellung zu Schlaf und Traum - Teil 2
Im zweiten Teil seines Artikels beleuchtet Diakon George Maximov die orthodoxe Ansicht über die sogenannten Wahrträumen.
Статья

Was sind Träume? Der heilige Erleuchter Gregor von Nyssa schreibt, dass sie „Gespenster der mentalen Tätigkeit sind“, die „von dem Teil der Seele, der unvernünftig ist, zufällig zusammengesetzt werden“. Es ist daran zu sehen, dass der „Träumende sich im Schlaf häufig etwas Unstatthaftes und Unmögliches vorstellt, was nicht geschehen wäre, wenn die Seele auch im Schlaf durch die Vernunft und das Besinnen gesteuert wäre. Gewisse Ebenbilder dessen, was im Wachzustand passiert ist und die in der Seele durch deren Gedächtniskraft Abdrücke hinterlassen haben, was durch Gefühle und Gedanken erzeugt wird, werden dort nachgebildet“[1]

Der heilige Erleuchter Ignatios (Brjantschaninow) beschrieb dies ausführlich wie folgt: „Während des Schlafes ist der Zustand des schlafenden Menschen von Gott so angeordnet, dass der Mensch sich in gänzlicher Ruhe befindet. Diese Ruhe ist so vollkommen, dass der Mensch währenddessen nicht mehr bei Bewussten über seine Existenz ist und in Selbstvergessenheit landet. Während des Schlafens ist jegliche Tätigkeit, die mit Arbeit einhergeht und willentlich, unter Leitung des Verstands und des Willens erzeugt wird, eingestellt: es bleiben nur die Tätigkeiten, die für die Existenz notwendig sind und davon nicht getrennt werden können. Im Leib fließt nach wie vor das Blut, der Magen verdaut das Essen, die Lungen atmen, die Haut lässt Schweiß hindurch; in der Seele regen sich nach wie vor Gedanken, Vorstellungen und Emotionen, aber nicht in Abhängigkeit von Verstand und Willen, sondern nach der unbewussten Aktivität der Natur. Diese Vorstellungen, die mit dazugehörigem Denken und Gefühlen einhergehen, machen Träume aus (…). Manchmal trägt der Traum ein zusammenhangloses Gepräge willkürlicher Gedanken und Vorstellungen; manchmal ist er eine Folge der sittlichen Stimmung.“[2]

Dabei, so Augustinus, „verliert die Seele auch im Schlaf weder das Gefühls- noch das Verstandesvermögen. Denn auch dann hat sie vor ihren Augen Bilder der für sinnliche Eindrücke empfänglichen Gegenstände, und häufig sind diese von den Gegenständen, deren Bilder sie sind, nicht einmal zu unterscheiden; und wenn die Seele dabei etwas begreift, dann ist es sowohl für den Schlafenden als auch für den Wachenden gleich wahrhaftig. Wenn sich zum Beispiel jemand im Traum als philosophierend erlebt und in der Lage ist, etwas aufgrund von wahren Prämissen zu behaupten, blieben diese Prämissen auch nach dem Wachwerden ebenso wahr, auch wenn all das Restliche sich als falsch erweisen sollte, beispielsweise der Ort, wo philosophiert worden sein soll, die Person, die dabei gewesen sein soll u.a., was häufig spurlos vorübergeht und auch im Wachzustand meist vergessen wird“[3].

Der heilige Erleuchter Gregor weist darauf hin, dass Träume vom Zustand des Leibes beeinflusst werden: „So erscheint es dem Durstigen, dass sich neben ihm eine Quelle befindet, dem Nahrungsbedürftigen, dass er auf einem Festmahl ist; auch der junge Mann in der Blüte seiner Kräfte träumt davon, was seiner Leidenschaft und seinem Alter gemäß ist“. Auch Krankheiten wirken da hinein: „Einige typische Schlafträume gibt es besonders bei Menschen, die unter Magenstörungen leiden, andere bei Menschen mit Gehirnhautstörungen, wiederum andere bei Menschen, die unter Fieber leiden.“ Auch der Sittlichkeit und der Charakter des Schlafenden üben ihren Einfluss aus: „Einige Träume gibt es bei mutigen Menschen und andere bei Feiglingen; einige bei den Zügellosen und andere bei den Sittsamen (…). Wovon die Seele gewöhnt ist, im Wachzustand zu träumen, dessen Bilder stellt sie in Träumen zusammen.“[4]

Der heilige Symeon der Neue Theologe sagt, dass Träume von Denkweise und Beschäftigungen des Menschen beeinflusst werden: „Womit die Seele sich im Wachzustand beschäftigt, davon träumt bzw. philosophiert sie auch im Wachzustand; wenn sie den ganzen Tag mit alltäglichen Aktivitäten verbracht hat, versetzen sie diese auch während des Schlafens in Unruhe; wenn sie dagegen die ganze Zeit über göttliche und himmlische Sachen gesinnt hatte, wird sie dies auch während des Schlafens tun und dadurch weise gemacht, nach dem Wort des Propheten: ‘eure jungen Männer werden Visionen haben‘ (Joel 2,28; Apg 2,17). Sie blendet sich nicht mit betrügerischen Träumen, sondern sieht während des Schlafes das Wahre und sinnt über die Offenbarungen nach.“[5]

Der heilige Erleuchter Gregor Dialogus erklärt ausführlich, wie verschiedenartig die Quellen von Träumen sind: „Manchmal kommen Träume von der Fülle des Magens, manchmal von seiner Leere, manchmal durch das Blendwerk [des Teufels], manchmal durch das Nachdenken und das Blendwerk zusammen, manchmal von der Offenbarung, manchmal von der Offenbarung und dem Blendwerk zusammen. Die Träume der ersten zwei Arten kennen wir nach der Erfahrung; die Beispiele der Träume der anderen vier Arten finden wir in den Büchern der Heiligen Schrift. Wären Träume noch so häufig durch das Blendwerk des heimlichen Feindes entstanden, hätte der allweise Mann darauf nie mit folgenden Worten hingewiesen: ‚Träume haben schon viele in die Irre geführt, weil sie ihnen vertrauten, sind sie gestrauchelt‘ (Sir 34,7). Und auch: ‚Ihr sollt weder Zauberei noch Wahrsagerei an Träumen treiben‘ (Lev 19.26)[6]. Durch diese Worte wird deutlich gemacht, dass man sich den Träumen, die mit Wahrsagerei einhergehen, abwenden sollte. Andererseits, verdankten sich Träume nicht manchmal auch dem Nachdenken und dem Blendwerk zusammen, hätte der allweise Mann nicht gesagt: ‚Denn Träume kommen durch viel Geschäftigkeit‘ (Koh 5,2). Wären Träume auch nicht manchmal durch geheime Offenbarungen ausgelöst, hätte (…) der Engel den Verlobten Marias während des Schlafens nicht überzeugt, das Kindlein zu nehmen und mit ihm nach Ägypten zu fliehen (s Mt 2). Wiederum (…) [wenn] der Prophet David, als er über den Traum Nebukadnezar urteilt (s. Dan 2,29), ihn und seine Bedeutung mit Ehrfurcht betrachtet und erklärt, aus welcher Besinnung er stammt, zeigt er deutlich, dass Träume häufig durch Nachdenken und Offenbarung zusammen zustandekommen. Wenn aber Träume so verschiedenartig sind, ist es offensichtlich, dass ihnen desto weniger zu glauben ist, je schwieriger es ist zu verstehen, aus welcher Quelle sie kommen. Allerdings unterscheiden heilige Männer durch ein gewisses inneres Gefühl in Blendwerk und Offenbarungen selbst die Stimme und die Art der Visionen, so dass sie erkennen, was sie vom guten Geist wahrnehmen und was sie durch teuflisches Blendwerk erleiden. Wird der Verstand in Bezug auf Schlaf nicht vorsichtig, wird er durch den verführenden Geist in viele leere Träume verfallen; üblicherweise sagt er viel Wahrhaftiges voraus, um die Seele danach durch Lügen zu umstricken.“[7]

Davon spricht auch der heilige Erleuchter Philaret von Moskau: «Träume sind unterschiedlich. Sie können durch unterschiedliche Zustände des Körpers entstehen, insbesondere der Nerven, des Herzens, der Gedanken und des Vorstellungsvermögens im Wachzustand, sowie auch durch Einflüsse der spirituellen Welt, die rein, gemischt oder unrein sind. Die Bestimmung der Qualität des Traums bedarf tiefer Überprüfung.“[8]

 

Wahrträume

Bemerkenswert ist, wie die heiligen Väter die sogenannten „Wahrträume“ erklären, die in Erfüllung gehen. Der hl. Mönch Johannes von Damaskus erwähnt sie nur kurz: „Zum Denkvermögen gehören: Urteil, Bewilligung, Tätigkeitstrieb, sowie auch Abneigung gegen und Vermeidung von Tätigkeiten (…) Dieses Vermögen wirkt auch in Träumen und verheißt uns damit die Zukunft.“[9]

Der heilige Erleuchter Gregor von Nyssa beschreibt diesen Mechanismus ausführlicher, indem er zwischen solchen Träumen und Offenbarungen von Gott unterscheidet: „Das verworrene Gedächtnis und die nächtlich verschleierten schlummernden Alltagssorgen stellen [dem Menschen] im Traum Ebenbilder dessen vor, was ihn im Wachzustand besorgte, und weisen häufig auf etwas hin, was sich erfüllen wird. Denn die Seele hat, aufgrund ihrer feinen Natur, außer der leiblichen Derbheit noch etwas, was darüber steht, und kann in tatsächlichem Geschehen anderes vorhersehen. So kelterte der Oberst der Schenken die Trauben in den Kelch des Pharaos; so stellte sich der Oberst vor, dass der Bäcker Körbe trägt - jeder von ihnen sah sich im Traum damit beschäftigt, womit er sich im Wachzustand beschäftigte. Die Ebenbilder ihrer gewöhnlichen Beschäftigungen, abgebildet in der vorsehenden Fähigkeit der Seele, ermöglichten es ihnen, anhand dieser Prophezeiung des Verstands vorauszuahnen, was sich erfüllen würde (…). Auch wenn alle Im Schlaf natürliche Visionen haben, werden in Träumen nicht alle der Göttlichen Offenbarung teilhaftig.  Allen Anderen, denen in Träumen ein Vorherwissen über etwas mitgeteilt wird, geschieht dies in der oben erwähnten Weise.“[10]

Der hl Erleuchter Nikolaj (Velimirović) von Serbien berichtet über die Zeichen, die der Herr den Menschen schickt, folgendes: „Häufig gibt der Herrgott den Menschen im Traum ein Signal, etwas, was sie geplant haben, nicht zu tun (…). Manchen gottesfürchtigen Frauen, die unter der Unfruchtbarkeit litten und eifrig zu Gott beteten, ihnen ein Kind zu schenken, wurden im Traum Signale gegeben, dass ihre Gebete gehört worden waren (…). Es ist nicht selten der Fall, dass jemand im Schlaf ein Zeichen empfängt, dass sein Tod nah ist (…). Auch heutzutage gibt es zahlreiche Beispiele von solchen Signalträumen."[11]

Dabei verurteilten die heiligen Väter die Bestrebung, Träume zu deuten und aus ihnen wahrzusagen. Oben wurden bereits die Worte des heiligen Erleuchter Gregor Dialogus zitiert, der uns an das Gebot Gottes, aus Träumen nicht wahrzusagen, erinnert hatte. Auch der heilige Erleuchter Basilios der Große mahnt: „Kaum bist du durch einen Traum aufgeregt, rennst du sofort zum Traumausleger.“[12] Im Folgenden gehen wir näher auf die patristischen Einstellung zu Träumen ein.

 

Die asketische Einstellung zu Träumen

Der heilige Erleuchter Theophan der Klausner schreibt: „Es wird historisch bestätigt, dass es Träume von Gott, von sich selbst und vom Feind gibt. Wie man sie aber erkennen kann – darüber schweigt die Wissenschaft. Das Auge guckt ja gerne. Definitiv kann nur folgendes gesagt werden: Träume, die dem orthodoxen Christentum zuwiderlaufen, sollten abgelehnt werden. Und noch etwas: es ist keine Sünde, Träumen nicht zu folgen, wenn man sich ihrer nicht sicher ist. Träume von Gott, die erfüllt werden sollten, werden wiederholt geschickt“.[13]

Als allgemeingültig gilt die Prämisse, dass Dämonen Träume häufig als Waffe gegen Gläubige benutzen. Der heilige Erleuchter Ignatios (Brjantschaninow) schreibt: „Dämonen, die, während wir wach sind, zu unseren Seelen Zugriff haben, haben diesen auch während des Schlafes. Auch während des Schlafes verführen sie uns durch die Sünde, indem sie unseren Träume ihr Gift beimischen. Auch versuchen sie, nachdem sie in uns Aufmerksamkeit auf Träume entdecken, unsere Träume interessant zu machen und in uns große Aufmerksamkeit für Blendwerk zu erregen, wodurch sie allmählich Vertrauen ihnen gegenüber erwecken.“[14] Dasselbe lesen wir auch beim heiligen Mönch Isaak dem Syrer: „Manchmal bringt der Feind, unter dem Deckmantel der Offenbarungen von Gott, sein Blendwerk (Prelest) hervor und zeigt in Träumen dem Menschen etwas (…) und tut alles, um den Menschen allmählich zu überzeugen und ihn wenigstens einigermaßen in Einverständnis mit sich zu bringen, damit der Mensch in seine Hände gelangt.“[15]

Das zeigt, dass sogar Träume, die faszinierend, verlockend und auffällig sind, eine Gefahr darstellen könnten, wenn man ihnen gegenüber ungesundes Interesse entwickelt. Deshalb gibt es beim heiligen Mönch Johannes Klimakos Belehrungen darüber, wie man sich nach dem Schlaf verhalten soll, um keinen Schaden durch Träume zu erleiden: „Tagsüber möge niemand im Kopf die während des Schlafens ereigneten Träume weiterbedenken, denn die Dämonen beabsichtigen, uns durch Träume zu schädigen, während wir wach sind.“[16]

Der heilige Mönch Johannes erwähnt einige Spezialfälle dämonischer Verführungen, die Mönche durch Träume befallen: „Wenn wir, um Gottes willen, unsere Häuser und unsere Verwandten verlassen und uns aus Liebe zu Gott dem Eremitenleben widmen, dann bemühen sich Dämonen, uns mit Träumen zu irritieren, indem sie uns unsere Verwandten vorführen, die klagen oder wegen uns im Gefängnis sind oder andere Miseren erleiden. Deshalb ist derjenige, der an Träume glaubt, einem Menschen ähnlich, der seinem Schatten hinterherläuft und nach ihm zu greifen versucht.“[17]

„Die Dämonen des Ehrgeizes kommen in Träumen als Propheten, und da sie durchtrieben sind, erschließen sie aus gegenwärtigen Geschehnissen die Zukunft und verkünden uns diese, damit wir, nachdem diese Träume in Erfüllung gegangen sind, erstaunt sind und, als ob wir die Offenbarungsgabe erhalten hätten, uns gedanklich überhöhen. Für diejenigen, die dem Dämon glauben, ist dieser häufig ein Prophet; doch für diejenigen, die ihn verachten, entpuppt er sich immer als Lügner. Als Geist sieht er das, was im Luftraum geschieht, und wenn nachdem er beispielsweise merkt, dass jemand im Sterben liegt, sagt er dies den Leichtgläubigen durch einen Traum voraus. Dämonen haben über die Zukunft kein Vorherwissen; es ist aber bekannt, dass auch Ärzte uns den Tod vorhersagen können.“[18]

Der heilige Mönch Petrus von Damaskus beschreibt, wie Dämonen „spirituelle“ Träume imitieren: „Als der Teufel sah, dass Christus sich aus seiner äußeren Güte der heiligen Märtyrer und heiligen Väter erbarmte, indem ER ihnen selbst oder durch Engel oder auf eine anderen unerklärlichen Weise erschien, wie ER es auch angekündigt hatte (s. Joh 14,21), fing er an, Manchen verführerische Visionen zu präsentieren, welche aber zum Untergang führen. Denn der Teufel vermag es, uns in Träumen oder sinnlich zu verführen“[19].

Der selige Diadochus von Photice warnt vor einer anderen Gefahr: „Wenn der Verstand beginnt, den gnadenvollen Trost des Heiligen Geistes zu spüren, dann legt auch der Satan während der Nachtruhe oder im Augenblick des feinsten Schlafs (bzw. des Einschlafens) in die Seele seinen Trost in ein scheinbar süßes Gefühl hinein. Wenn der Verstand in diesem Augenblick den heiligen Namen des Herrn Jesu in wärmsten Gedenken hält (…), dann entfernt sich dieser böse Lügner sofort.“[20]

 

Was ist der Unterschied zwischen Träumen von Gott und Träumen von Dämonen?

Zu dieser Frage haben viele heilige Väter geschrieben, um auf die Merkmale hinzuweisen, die zu erschließen ermöglichen, ob ein spirituell erscheinender Traum wahrhaft oder betrügerisch ist. Der selige Diadochus von Photice: „Träume, die aus der Liebe Gottes herstammen (…), ändern sich nicht von einem Bild in ein anderes, sie jagen keine Angst ein, sie erregen weder Lachen noch plötzliche Trauer, sondern treten ganz still an die Seele heran und erfüllen sie mit spiritueller Freude; deswegen begehrt und sucht die Seele auch nach dem Erwachen des Leibes diese während des Schlafens erlebte Freude . Bei dämonischen Träumen ist alles umgekehrt: sie bleiben weder auf Dauer bei einem Bilde noch erscheinen sie ganzheitlich; (…) da wird viel gesprochen und viel Großartiges versprochen, und öfter noch schüchtern sie mit Drohungen ein, indem sie sich häufig als Krieger darstellen; manchmal singen sie der Seele etwas Schmeichelhaftes, mit lautem Geschrei (...). Es ist allerdings manchmal auch so, dass auch gute Träume der Seele keine Freude, sondern eine gewisse süße Trauer und schmerzlose Tränen bringen. Das geschieht mit denen, die in der großen Demut bereits fortgeschritten sind.“[21] 

Der heilige Mönch Johannes Klimakos: „Dämonen wandeln häufig ihre Gestalt und geben sich als Lichtengel und Märtyrer aus und machen uns im Traum vor, dass wir zu ihnen kämen, und wenn wir wach werden, dann erfüllen sie uns mit Freude und Selbstüberhebung. Das sollte ein Zeichen der Verleitung sein, denn Engel zeigen uns Qualen, das Jüngste Gericht und Trennungen und erfüllen die Wachgewordenen mit Furcht und Reue. Wenn wir uns in Träumen Dämonen unterwerfen, werden sie uns auch im Wachzustand misshandeln. Derjenige, der Träumen glaubt, ist einfältig; wer ihnen dagegen keinen Glauben schenkt, liebt die Weisheit. Glaube also nur den Träumen, die dir Qual und das Gericht verkünden; wenn sie dich aber in Verzweiflung  versetzen, dann sind auch sie von Dämonen.“[22]

Der heilige Mönch Barsanuphios der Große beantwortet die Frage „Wie wagt es der Teufel, in einer Vision oder im Schlaf den Herrn Christus oder die heilige Kommunion zu zeigen?“ wie folgt: „Er kann weder den Herrn Christus selbst noch die heilige Kommunion zeigen, sondern er lügt und stellt das Bild irgendeines Menschen und einfachen Brots dar; das heilige Kreuz kann er aber nicht zeigen, denn er findet kein Mittel, es auf andere Weise darzustellen (…) so wagt der Teufel nicht, es (zu unserer Verleitung) zu benutzen, denn am Kreuz wurde seine Kraft zerstört, und durch das Kreuz wurde ihm ein todbringende Geschwür zugefügt (…). Wenn du also im Traum ein Bild des Kreuzes siehst, sollest du wissen, dass dieser Traum wahr und von Gott ist; versuche aber auch, die Auslegung seiner Bedeutung von den Heiligen zu bekommen und glaube deinen eigenen Gedanken nicht“[23].

Der heilige Ambrosios von Optina: „Diese Träume sind eventuell nicht wahr, sondern vom Bösen geschickt, denn wahre Visionen bringen Frieden und spirituellen Nutzen, diese Deinen Träume dagegen eine große Verwirrung stiften. Deshalb empfehle ich Dir, solchen Träumen nicht zu vertrauen, sondern sie unbeachtet zu lassen und zu beten, damit der Herr und die Himmelkönigin Dir das zeigen, was Dir nutzt, wie es Ihnen beliebt.“[24]

Der heilige Erleuchter Ignatios (Brjantschaninow): „Träume, die von Gott geschickt werden, haben in sich selbst eine unumstößliche Überzeugungskraft. Diese Überzeugungskraft ist für die Heiligen Gottes verständlich, aber für diejenigen, die sich noch im Kampf gegen die Leidenschaften befinden, unbegreiflich.“[25]

Und weiter: „Wir sollten wissen, dass wir in unserem Zustand, der durch die Gnade noch nicht erneuert ist, unfähig sind, andere Träume zu sehen als solche, die vom Wahnsinn unserer Seele und den Afterreden von Dämonen herrühren (…). So wie unser Trost in der Zeit unseres Wachbleibens aus Rührseligkeit besteht, die durch das Bewusstwerden der eigenen Sünden, das Gedenken des Todes und des Gerichtes Gottes  zustande kommt (…), so zeigen uns die Engel Gottes im Traum ganz selten, im äußeren Notfall, entweder unser Dahinscheiden oder die Höllenqualen oder das gestrenge Gericht im Jenseits nach unserem Tod. Durch solche Träume kommen wir zur Gottesfurcht , zur  Rührseligkeit, zum Weinen über uns selbst. Solche Träume werden sehr selten Asketen oder sogar offensichtlichen, sehr bösen Sündern geschickt, nach einer besonderen geheimnisvollen Vorsehung Gottes.“[26]

 

Man sollte den Träumen nicht glauben

Wie oben gezeigt, erkannten die heiligen Väter zwar an, dass es Träume von Gott gibt, riefen aber, weil es für spirituell unvollkommene Menschen unmöglich ist, zwischen solchen Träumen und dämonischer Verblendung zu unterscheiden, einstimmig und resolut dazu auf, generell Träumen nicht zu glauben. Um zu bekräftigen, wie ernst diese Gefahr ist, werden Beispiele dafür angeführt, wie sogar sehr erfahrene Asketen in ihrem Vertrauen auf Träume manchmal in Fallen gerieten.

Der selige Diadochus von Photice widmete „der Tugend des Nicht-Glaubens an Träume“ einen ganzen Abschnitt eines seiner Werke. Er nennt sie „die große Tugend“ und bestimmt ihr Wesen in der folgenden Regel: „Man sollte überhaupt keinem im Schlaf gesehenen Traum glauben. Denn meist sind Träume nichts anderes als Gedankenidole, Spiele der Phantasie oder dämonische Schändungen und Spielerei mit uns. Wenn wir, indem wir uns an diese Regel halten, irgendwann einmal einen Traum nicht wahrnehmen, der uns von Gott geschickt wurde, würde unser liebevoller Herr Jesus Christus über uns deswegen nicht entzürnt sein, da ER weiß, dass wir dies aus Furcht vor den dämonischen Listen unterließen.“[27]

Der ehrwürdige Ephraim der Syrer: „Mein Lieber, glaube nicht den betrügerischen Träumen; Träume haben schon viele in die Irre geführt; weil sie ihnen vertrauten, sind sie gestrauchelt“ (Sir 34,7). „Denn welches Maß an Vollkommenheit haben wir erreicht, um Visionen der Engel sehen zu können?“[28] Auch der heilige Petrus von Damaskus spricht davon, dass Träumen generell keine Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte: „Derjenige, der Leidenschaftslosigkeit erreichen möchte, sollte (…) auch weder Angst vor bösen oder scheinbar guten Träumen haben, noch vor bösen oder guten Gedanken, noch vor Trauer oder Freude.“[29]

Der heilige Mönch Makarios von Optina: „Wenn du Träumen glauben würdest, wäre es sehr einfach, in Täuschung (Prelest) zu verfallen. Die heiligen Väter verwerfen den Glauben an Träume komplett und befehlen auch uns, die wir leidenschaftlich und eingebildet sind, Träumen nicht zu glauben. Anstatt über einen leeren Traum zu rätseln, sollten wir unserer Sünden eingedenk sein, uns immer fehlende Berichtigung vorwerfen und uns demütigen, wodurch die Hilfe Gottes herbeigerufen wird“[30]; „wegen dem Glauben an Träume sollte sie Bedenken haben und sich mit der Ruhe ihres Gewissens begnügen; auch wenn ein Traum gnadenvoll ist, würde sie nicht sündigen, wenn sie sich aus Furcht vor Prelest dieses Traumes unwürdig erachten würde.“[31]

Beim heiligen Hierarchen Theophan dem Klausner lesen wir: „In Ihrem während der Großen Fastenzeit geschriebenen Brief fragen Sie, ob man Träumen glauben darf. Besser ist es, ihnen nicht zu glauben, denn unser Feind träufelt uns auch im Wachzustand viele Lappalien in den Kopf, und im Schlaf ist das für ihn noch einfacher. Wenn manche Träume in Erfüllung gehen, sollten Sie nach ihrer Erfüllung dem Herrn für seine Gnade danken. Danken Sie sowohl für angenehme als auch für belehrende Träume. Reinigen Sie, gleich nachdem sie erwacht sind, ihre Seele und ihr Gedächtnis von verführerischen Träumen. Das beste Mittel dafür sind das Gebet und die Erinnerung an gute Geschehnisse, insbesondere aus der evangelischen Geschichte.“[32]

Der heilige Mönch Ambrosios von Optina: „Am meisten hüte Dich vor dem Glauben an deine Träume; bemühe dich, sie zu vergessen und schreibe ihnen keine Bedeutung zu.“[33]

Der heilige Erleuchter Ignatios (Brjantschaninow) erklärt ausführlich, „wie sinnlos es ist, auf Träume zu achten, erst recht, ihnen zu vertrauen, und was für ein fürchterlicher Schaden durch solches Vertrauen entstehen kann. Durch die Aufmerksamkeit auf Träume schleicht sich unweigerlich der Glaube an sie in die Seele ein, und deshalb ist bei ihnen schon Aufmerksamkeit streng verboten.“[34]

 

Schlaf der Gerechten

Der selige Hieronymus  von Stridon: „Der Apostel befiehlt uns, immer zu beten; bei Heiligen ist selbst der Schlaf ein Gebet.“[35] Dasselbe bestätigt auch der heiligen Abba Thalassios:  „Der von Leidenschaften befreite Verstand sieht hintergründige, unterschwellige, fast unmerkliche Gedanken - sowohl wenn der Leib wach ist, als auch, wenn er einschläft.“[36]

Der heilige Maximus der Bekenner: „Wenn die Seele beginnt, sich heil zu fühlen, dann hat sie auch reine und ungetrübte Träume.“[37]

Der heilige Erleuchter Ignatios (Brjantschaninow): „Das vom Heiligen Geist erneuerte Wesen wird durch ganz andere Gesetze als das gefallene und in seinem gefallenen Zustand erstarrte Wesen gesteuert (…). Ihre Gedanken und Träume, die während des Schlafes der Steuerung durch den menschlichen Verstand und den Willen entzogen sind und bei anderen Menschen unbewusst nach dem Verlangen des Wesens entstehen, wirken in solchen Erneuerten unter der Leitung des Heiligen Geistes, und die Träume solcher Menschen sind spirituell bedeutsam.“[38]

Ausführlicher schreibt der heilige Johannes über solche Zustände, also über den Schlaf des vollkommenen geistlichen Vorkämpfers: „Auch wenn er für eine Weile einschläft, ist sein Schlaf wie der Wachzustand bei Anderen; denn das Feuer der Herzensflamme in ihm lässt nicht zu, sich in den Schlaf zu versenken, und er singt zusammen mit David: ‘Erleuchte meine Augen, dass ich nicht entschlafe zum Tode‘ (Ps 13,4). Derjenige, der diese Stufe erreicht und ihre Wonne bereits gekostet hat, der versteht das Gesagte; solch ein Mensch erquickt sich nicht durch sinnlichen Schlaf, sondern nutzt den natürlichen“.[39]

Natürlich gibt es in solch einem Schlaf auch andersartige Träume. Der heilige Mönch Zosimas Werschowskij berichtete über die spirituelle Erfahrung seines Lehrers, des heiligen Mönches Basiliskus, dass dieser im Schlaf häufig spirituelle  Visionen hatte: „In diesen Visionen im Schlaf sah er manchmal, quasi wie in einer Offenbarung, die zukünftigen Vergeltungen, die für Sünder und Gerechte vorbereitet sind, war aber ratlos, wie er diese erklären sollte, denn die Vergeltung der Sünder war wegen ihrer fürchterlichen Entsetzlichkeit und ihrer unerträglichen qualvollen Grausamkeit unsagbar, und die der Gerechten ebenso – wegen des wunderschönsten Ruhmes und der unaussprechlichen Wonne und Freude. Manchmal sah er auch einige Änderungen in seinem Leben und diesem der anderen Väter voraus, die sich mit der Zeit dann auch erfüllten.“[40]

Der selige Diadochos von Photice schreibt, dass der geistliche Vorkämpfer, dessen Verstand rein ist, auch wenn der Teufel mit seinen Visionen an ihn herantritt, bereits während des Schlafens die teuflische Herkunft des Schlafens erkennen können und entweder willentlich wach werden oder im Schlaf selbst diese Verführung entlarven würde. All das betrifft aber bereits vollkommene Menschen und bezieht sich weder auf die in ihrer Erfahrung noch unvollkommenen Asketen noch Novizen, und umso weniger auf Laien.

Quelle: http://www.pravoslavie.ru/put/4309.htm

 


[1][Gregor von Nyssa: Über die Erschaffung des Menschen] ГригорийНисский , святитель. Об устроении человека. 13.

[2]Игнатий (Брянчанинов) , святитель. О сновидениях / О прелести.

[3][Augustinus von Hippo: Von der Unsterblichkeit der Seele] АвгустинИппонийский , блаженный. О бессмертии души. 14.

[4][Gregor von Nyssa: Über die Erschaffung des Menschen] ГригорийНисский, святитель. Об устроении человека. 13.

[5]Симеон Новый Богослов, преподобный. Деятельные и богословские главы. 176.

[6]So Septuaginta . In der synodalen Übersetzung: ihr sollt nicht Wahrsagerei noch Zauberei treiben.

[7]Григорий Двоеслов , святитель. Собеседования о жизни италийских отцов. IV.48.

[8]Филарет Московский , святитель. Письмо к А.П. Толстому от 3 октября 1860 года.

[9][Johannes von Damaskus: Genaue Darlegung des rechten Glaubens]ИоаннДамаскин, преподобный. Точное изложение православной веры. 2. XIX.

[10]Григорий Нисский, святитель. Об устроении человека. 13.

[11]Николай (Велимирович) , святитель. Символы и сигналы. II. 10. 8–10.

[12]Василий Великий, святитель. Беседы на псалмы. 45.

[13]Феофан Затворник, святитель. Письма. VII. 1163.

[14]Игнатий (Брянчанинов) , святитель. О сновидениях / О прелести.

[15]Исаак Сирин, преподобный. Слова подвижнические. 60.

[16] [JohannesKlimakos, hl. Erleuchter. Die Leiter] Иоанн Лествичник, преподобный. Лествица. 15. 55.

[17]Ebenda, 3. 26.

[18]Ebenda, 3. 27.

[19]Петр Дамаскин, преподобный. Творения. I. 2.

[20]Диадох Фотикийский , блаженный. Подвижническое слово. 31.

[21]Ebenda, S. 37.

[22][Johannes Klimakos, hl.Mönch: DieLeiterzumParadiese] Иоанн Лествичник, преподобный. Лествица. 3. 28.

[23]Варсануфий Великий и Иоанн Пророк, преподобные. Руководство к духовной жизни. 413.

[24]Амвросий Оптинский, преподобный. Письма к монашествующим. 422.

[25]Игнатий (Брянчанинов), святитель. О сновидениях / О прелести.

[26]Ebenda.

[27]Диадох Фотикийский, блаженный. Подвижническое слово. 38.

[28]Ефрем Сирин, преподобный. В подражание притчам.

[29]Петр Дамаскин , преподобный. О бесстрастии.

[30]Макарий Оптинский, преподобный. Письма. 397.

[31]Ebenda 562.

[32]Феофан Затворник, святитель. Письма. III. 472.

[33]Амвросий Оптинский, преподобный. Письма к монашествующим. 378.

[34]Игнатий (Брянчанинов) , святитель. О сновидениях / О прелести.

[35]Иероним Стридонский, блаженный. Письмо к Евстохию.

[36]Авва Фалассий . О любви, воздержании и духовной жизни. I. 54.

[37]Максим Исповедник, преподобный. Главы о любви. I. 89.

[38]Игнатий (Брянчанинов), святитель. О сновидениях / О прелести.

[39]Варсануфий Великий и Иоанн Пророк, преподобные. Руководство к духовной жизни. 318.

[40]Зосима Верховский, преподобный. Повествование о действиях сердечной молитвы. 28.

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